Sonntagsfrühstück mit Ballbirdmaler im Sachsen Sonntag, Ausgabe 17.12.2017
„Malerei kann Emotionen vermitteln“. Uwe Schürmann über das „Bällebad“, Offenheit und das Kind im Mann.
Manchmal kommen die guten Ideen unverhofft. In einem Möbelhaus beispielsweise – der Leipziger Künstler Uwe Schürmann kann davon eine schöne Geschichte erzählen: „Ja, die ‚Ballbirds‘ sind tatsächlich bei einer Ausstellung in einem Möbelhaus entstanden.“
Eigentlich wollte er da nur ein wenig sitzen und die eigene Ausstellung beobachten – mit Aquarellblock und Zeichenutensilien selbstverständlich. „Und auf einmal wurde ich zum ‚Bällebad‘, die ganzen Kinder sammelten sich um mich herum“, erzählt er mit einem breiten Lächeln: „Tja, dann kam auf einmal der Wunsch, ich solle doch mal einen Vogel malen.“ Dies machte Uwe Schürmann natürlich, schön abstrakt-einfach und auf einmal schwirrten jede Menge Geschichten durch den Raum rund um diesen Vogel. Am Ende des Tages waren die „Ballbirds“ geboren, die mittlerweile ein bemerkenswertes Eigenleben führen.
Nun ist dies nicht einfach nur eine Geschichte. Es ist vielmehr eine Geschichte, die ganz viel erzählt über den Menschen und Künstler Uwe Schürmann. Der keine Berührungsängste kennt, der so etwas wie einen „Elfenbeinturm“ auf keinen Fall betreten möchte und der mit seiner (vielfältigen) Kunst stets dorthin geht, wo auch die Menschen sind. „Natürlich gibt es immer die höchst individuelle Seite des Malens, der Kunst, wenn man als Künstler aus sich selbst heraus spricht“, erklärt er und ergänzt: „Auf der anderen Seite weiß ich aber auch die Seite des Handwerklichen sehr zu schätzen.“ Dies liegt wohl auch ein wenig daran, dass er eigentlich aus der Fotografie kommt. Einem Metier, in dem das Handwerk dann doch eine ziemlich große Rolle spielt. „Außerdem fand ich die ganze Geschichte der Fotografie spannend – und dann habe ich gerne auch die Fehler von früher wieder eingefügt“, und so entstanden Kunstwerke – oft auch fotochemischer Natur – die sich nicht so einfach einsortieren lassen. Die sich einer Kategorisierung entziehen. Erneut ein Beleg für das Selbstverständnis des Leipzigers, der von sich sagt: „Ich gucke mir immer alles an, bin offen für alles und ich mag die künstlerischen Herausforderungen.“ Entsprechend gestalten sich dann auch die Ausstellungen von Uwe Schürmann – diese sind gern ein spannender Streifzug durch viele verschiedene Ausdrucksformen. „Ich mag diese Verbindung aus Fotografie, Malerei und Grafik“, meint er mit einem Lächeln und erzählt dann auch schon mal mit bemerkenswerter Offenheit davon, dass dies auch schon mal überfordert – die Galeristen, manchmal auch das Publikum. Andererseits hat er gerade mit den Leipzigern eigentlich richtig gute Erfahrungen gemacht: „Das ist eine weltgewandte, weltoffene Stadt – und eine Stadt, in der die Menschen interessiert sind und dann auch andere Meinungen zulassen.“ Da verwundert es nicht, dass sich Uwe Schürmann mit ganzem Herzen als Leipziger versteht. Und als Sachse – was wiederum den Bogen schlägt zu den „Ballbirds“. Die sind im erwähnten Eigenleben bemerkenswert gewachsen: Zunächst als höchst individuell angefertigte Porträts („Richtig spannend, weil ich durch die vielen Aufträge in so viele Biografien hineinblicken kann.“), inzwischen zum dritten Mal auch als limitierter Künstlerkalender. Immer mit sächsischem Hintergrund, versteht sich: „Im Zuge meiner Recherchen zum Thema für 2018 bin ich sogar auf ein Buch gestoßen, dass sich den sächsischen Erfindungen widmet.“ Anregungen, die er in seinem neuen Kalender aufgreift – was er da alles gefunden hat, davon sollte man sich unbedingt überraschen lassen (es lohnt sich …).
Nun wäre Uwe Schürmann nicht Uwe Schürmann, wenn er nicht schon ein bisschen weiterdenken würde. An eine Bildgeschichte beispielsweise, einen „Ballbirds“- Comic, der als vage Idee schon im Raum steht. „Das würde den Bogen schlagen zum Kind Uwe Schürmann, das einst immer Bildgeschichten gemalt hat“, erzählt er mit einem Schmunzeln und ergänzt: „Vielleicht könnte man dies wieder mit der Wissensvermittlung verbinden. Mit dem eigenen Hintergrund des Leipzig- Entdeckens.“ An Ideen mangelt es dem Künstler wahrlich nicht („Ich war schon immer ein fantasievoller Mensch.“), dazu kommt jene gewisse Lockerheit und Experimentierfreude, mit der er an seine Arbeit geht. Eine Haltung, die sich schöpft aus dem eigenen Werdegang, aus dem eigenen Kunstverständnis. „Es war ein langer Weg, um das geliebte Hobby zum Beruf zu machen. Und ich bin nun auch kein Meisterschüler“, überlegt er: „Malerei muss für mich etwas aussagen, auch eine Symmetrie haben. Und wenn ich vor einem Bild stehe, muss es mich berühren.“ Nach einer Pause ergänzt Uwe Schürmann: „Das Schöne an Malerei ist, dass sie Emotionen vermitteln kann. Und dies kann beispielsweise die Fotografie nur bedingt.“ Seine Offenheit, seine Experimentierfreude möchte er sich unbedingt bewahren: „Das Schlimmste für mich wäre irgendwie zu versauern.“ Der Weg ist klar, wenn es nur genug Kaffee gibt: „Ich bin echt kein Morgenmuffel, aber ohne Kaffee geht der Tag für mich überhaupt nicht los.“
In seinem Leipziger Atelier verbindet Uwe Schürmann seine so unterschiedlichen künstlerischen Ansätze: Da finden sich die „Ballbirds“ neben den großflächigen Gemälden und den fotochemischen Malereien.
Text und Foto: J. Wagner
Artikel online unter: http://www.sachsen-sonntag.de/
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